Themenbereiche Themenbereiche Profile Hilfe/Anleitungen Help    
Recent Posts Last 1|3|7 Days Suche Suche Tree Tree View  

Dedekind'sche Schnitte

ZahlReich - Mathematik Hausaufgabenhilfe » ---- Archiv: Universitäts-Niveau » Algebra » Dedekind'sche Schnitte « Zurück Vor »

Autor Beitrag
Seitenanfangvoriger Beitragnächster BeitragSeitenende Link zu diesem Beitrag

mrsmith
Suche alle Beiträge dieser Person in dieser Hauptrubrik
Veröffentlicht am Mittwoch, den 25. Juli, 2001 - 17:24:   Beitrag drucken

Es gibt da eine Frage, die mich schon seit einiger Zeit beschaeftigt:
Bekanntlich kann man die reellen Zahlen mit Hilfe von Dedekind'schen Schnitten aus dem Koerper der rationalen Zahlen konstruieren.

Dabei ist ein Dedekind'scher Schnitt eine Zerlegung der total geordneten rationalen Zahlen in zwei disjunkte Mengen A,B, derart dass
1) Q = A vereinigt mit B
2) fuer alle a in A und b in B gilt a > b
3) A hat kein kleinstes Element.
(Es ist klar, dass man nur A zu definieren braucht, da dann automatisch B = Q\A gilt.)
Jeder Dedekind'sche Schnitt definiert eine reelle Zahl r via r := inf(a)a in A.
Auf diese Weise kann man angeblich alle reellen Zahlen finden.
Fuer rationale Zahlen ist das einfach. Man findet jede rationale Zahl durch die Vorschrift A := { a| a>q }.
Ebenso kann man algebraische Zahlen finden, indem man die definierenden Gleichungen angibt. Z.B. fuer sqrt(2) definiert man A := { a| a > 0, a^2 > 2}.

Fast alle (alle bis auf abzaehlbar unendlich viele) reelle Zahlen sind aber transzendent.

Nun meine Frage: Wie kann man einen Dedekind'schen Schnitt fuer transzendente Zahlen definieren?
Sicherlich nicht, indem man z.B. fuer pi setzt A := { a| a > pi }, denn das hiesse ja pi durch sich selbst zu definieren.

Anmerkung: Die algebraischen Zahlen bilden einen abzaehlbar unendlichen Oberkoerper von Q. Kann es sein, dass man mit Dedekind'schen Schnitten nur diesen Oberkoerper erhaelt?

fuer Hinweise waere ich sehr dankbar.

viele Gruesse mrsmith
Seitenanfangvoriger Beitragnächster BeitragSeitenende Link zu diesem Beitrag

Thomaspreu (Thomaspreu)
Suche alle Beiträge dieser Person in dieser Hauptrubrik
Veröffentlicht am Mittwoch, den 25. Juli, 2001 - 18:12:   Beitrag drucken

Ich weiß nicht ob dir das weiterhilft, aber p kann man als Grenzwert des Quotienten zwischen Umfang eines in einen Kreis einbeschriebenen n-Ecks und dem Durchmesser dieses Kreises bestimmen. Für jedes n-Eck erhält man eine Zahl an die kleiner als p ist. Es sei nun B die Menge, die als Elemente nur rationelle Zahlen enthält die kleiner sind als jedes an. Damit hat B kein größtes Element. Man wäre also bei einem Schnitt der auf p führen würde.
Mein Problem ist, dass man das ohne Grenzwert wohl nicht geschlossen hinschreiben kann. Grenzwerte machen in Q aber keinen Sinn. Für den Umfang eines jeden n-Ecks gibt es aber einen geschlossenen (nicht schwer; müsste sogar in Schulformelsammlungen enthalten sein) algebraischen Term - hier Tn bezeichnet (man nimmt einfach den Einheitskreis und braucht sich nicht mehr mit dem Radius herumzuschlagen).
Vielleicht ginge dann B={x|x<Tn/2, nÎN}. Aber ich fange erst mein Studium an und habe daher noch nicht soviel Ahnung, ob das wirklich genügt.
Analog könnte man ja auch Grenzwerte für z.B. e nehmen und sie Ähnlich benutzen.
Seitenanfangvoriger Beitragnächster BeitragSeitenende Link zu diesem Beitrag

mrsmith
Suche alle Beiträge dieser Person in dieser Hauptrubrik
Veröffentlicht am Donnerstag, den 26. Juli, 2001 - 17:43:   Beitrag drucken

hallo thomaspreu,

(schoen, dich an dieser stelle wieder zu treffen. und vielen dank fuer deine antwort.)
das ist natuerlich richtig, was du schreibst.
wenn ich z.b. eine monoton fallende rationale folge (a_n)n habe, die einen transzendenten grenzwert besitzt, dann kann ich fuer jedes folgeglied einen schnitt legen durch die vorschrift A_n := {a | a > a_n}. Wenn ich nun die vereinigungsmenge aller dieser An betrachte, so erhalte ich A_grenz = U_(n in N) A_n.
(U soll mal das zeichen fuer die vereinigung sein,
der term in klammern waere dann der untere index.)
jetzt koennte ich sagen, dass A_grenz auch einen schnitt definieren soll. dann haette ich sozusagen einen schnitt fuer eine transzendente zahl.
bei diesem vorgehen habe ich aber nicht wirklich einen transzendenten schnitt angegen, sondern vielmehr (im rahmen einer komischen mengenvereinigung) nur gefordert, dass der grenzwert einer folge von rationalen zahlen (a_n)n existieren soll.

nach einer anderen definition kann ich die reellen zahlen als die menge der konvergenten rationalen folgen modulo den nullfolgen erzeugen. dabei wird die suche nach einem grenzwert (den es evtl. in Q nicht gibt) dadurch umgangen, dass man die gesamte folge (resp. einen representanten der aequivalenzklasse) als element des neuen koerpers verwendet.
diese konstruktion der reellen zahlen ist in gewisser weise sehr einleuchtend: man muss jetzt nichtmehr schauen ob eine folge gegen einen wert in Q konvergiert, da es ausreicht zu wissen, dass sie gegen denselben wert konvergiert wie jede andere folge, die sich von jener nur um eine nullfolge unterscheidet, und ein repraesentant dieser klasse ist ja gerade eine reelle zahl.

wenn man im zusammenhang mit den schnitten die reellen zahlen auch wieder nur als grenzwerte von (in diesem fall sogar monoton fallenden) folgen erhalten kann, wobei man die existenz der grenzwerte ebenfalls wieder fordern muss, dann verstehe ich nicht, weshalb man dieses konzept ueberhaupt betrachtet, da es dann gegenueber dem oben beschriebenen anderen keinerlei vorteile aufweist, ja im gegenteil:
1) man braucht jetzt monoton fallende folgen
2) wann zwei folgen gegen denselben grenzwert konvergieren (resp. wann in dieser darstellung zwei "transzendente schnitte" dieselbe zahl definieren) ist in dieser darstellung voellig unklar.
3) die tatsache dass es sich eigentlich um folgen handelt wird durch die verwendung von mengen als aequivalente der folgenglieder und als vereinigungsmengen als ersatz fuer die limesbildung verschleiert.
etc.

die tatsache, dass sich die algebraischen zahlen direkt als schnitte angeben lassen, hat mich hoffen lassen, dass man vielleicht alle reellen zahlen auf diese weise als schnitte erhaelt. in diesem sinne war die obige frage zu verstehen.

aber vielleicht geht es auch garnicht?

viele gruesse mrsmith

ps:
ich glaube, dass es diese geschlossenen ausdruecke nur fuer 2^n-ecke gibt. das 7-eck ist z.b. nicht konstruierbar, seine seitenlaenge also nicht algebraisch.
Seitenanfangvoriger Beitragnächster BeitragSeitenende Link zu diesem Beitrag

Hans (Birdsong)
Suche alle Beiträge dieser Person in dieser Hauptrubrik
Veröffentlicht am Freitag, den 27. Juli, 2001 - 07:02:   Beitrag drucken

Hallo Mr.Smith:

Die Zahl w := cos(2*Pi/7) ist algebraisch:

w^3 + w^2 - 2 w - 1 = 0,

daher auch die 7-Eckseite s_7 = sqrt(2 - w).

Es gilt zwar die Implikation

x transzendent ===> x nicht konstruierbar,

nicht aber deren Umkehrung. Bekanntestes
Beispiel : 2^(1/3) (Deli-Problem der WŸrfelverdoppelung).

mfg

Hans
Seitenanfangvoriger Beitragnächster BeitragSeitenende Link zu diesem Beitrag

Olaf
Suche alle Beiträge dieser Person in dieser Hauptrubrik
Veröffentlicht am Freitag, den 27. Juli, 2001 - 12:25:   Beitrag drucken

Hi mrsmith,
R ist doch definiert als ein ordnungsvollständiger geordneter Körper. R ist damit wohldefiniert, da jeweils zwei ordnungsvollständige geordnete Körper automatisch isomorph sind.
Nach der Konstruktion der Menge Q' aller Dedekindschen Schnitte aus Q kann gezeigt werden, dass Q' ein ordungsvollständiger geordneter Körper ist. Also ist Q'=R, und Q' ist nicht nur der Oberkörper der algebraischen Zahlen!
Dies beweist (allerdings nicht konstruktiv), dass für jede transzendente Zahl ein Dedekindscher Schnitt existiert.
Reicht dir eine solche Existenzaussage?

Gruß, Olaf
Seitenanfangvoriger Beitragnächster BeitragSeitenende Link zu diesem Beitrag

Zaph (Zaph)
Suche alle Beiträge dieser Person in dieser Hauptrubrik
Veröffentlicht am Freitag, den 27. Juli, 2001 - 15:51:   Beitrag drucken

Hi mrsmith,

Olaf hat Recht, die Menge der Dedekindschen Schnitte bilden ganz R, und nicht nur den algebraischen Abschluss von Q.

Dass du nicht jeden Schnitt in der Form

(A,B) mit A = {x aus Q | irgendeine Bedingung}

darstellen kannst, ist klar.

Wie soll denn "irgendeine Bedingung" aussehen? Bei dir ist das z. B. eine algebraische Ungleichung, wie "x² > 2". Für "irgendeine Bedingung" gibt es nur abzählbar viel Möglichkeiten, solange du nur endlich viele Symbole zur Formulierung der Bedingung zur Verfügung hast.

Da es aber überabzählbar viele reelle Zahlen gibt, lassen sich die meisten nicht so darstellen.
Seitenanfangvoriger Beitragnächster BeitragSeitenende Link zu diesem Beitrag

Zaph (Zaph)
Suche alle Beiträge dieser Person in dieser Hauptrubrik
Veröffentlicht am Freitag, den 27. Juli, 2001 - 15:56:   Beitrag drucken

Im Übrigen ist nicht bewiesen, dass es überhaupt einen vollständigen angeordneten Körper (wie Olaf sagt "ordnungsvollständigen geordneten Körper") gibt. Man weiß lediglich, dass es höchstens einen geben kann - die reellen Zahlen.

(Man kann ja noch nicht einmal beweisen, dass die Peano-Axiome für die natürlichen Zahlen widerspruchsfrei sind ...)
Seitenanfangvoriger Beitragnächster BeitragSeitenende Link zu diesem Beitrag

mrsmith
Suche alle Beiträge dieser Person in dieser Hauptrubrik
Veröffentlicht am Montag, den 30. Juli, 2001 - 15:02:   Beitrag drucken

hi hans, olaf, zaph,

ich sehe ein, dass ich mich wohl damit abfinden muss, die Elemente aus R nicht konstruieren zu wollen. auch ich wenn es ziemlich unbefriedigend finde, dass man an die einzelnen reellen zahlen irgendwie nicht rankommt, obwohl es sie geben muss.
der hinweis, dass in endlich vielen schritten mit abzaehlbar endlich vielen symbolen nicht ueberabzaehlbar viele bedingungen aufgestellt werden koennen, leuchtet mir ein.

jedenfalls vielen dank fuer eure muehe.
gruss mrsmith

PS: Hans, dank auch fuer deinen hinweis, auf den zusammenhang zwischen nichtkonstruierbaren und algebraischen zahlen. ich erinnere mich dunkel, mal gelernt zu haben, dass durch konstruktionen mit zirkel und lineal nur sukzessiv quadratwurzeln adjungiert werden koennen. war das so?
ich habe zwar inzwischen auch eine algebraische gleichung fuer cos(2*pi/7) gefunden, aber sie sieht noch etwas anders aus als deine. mal gucken, ob ich sie noch auf deine form reduziert kriege.
Seitenanfangvoriger Beitragnächster BeitragSeitenende Link zu diesem Beitrag

Hans (Birdsong)
Suche alle Beiträge dieser Person in dieser Hauptrubrik
Veröffentlicht am Montag, den 30. Juli, 2001 - 17:06:   Beitrag drucken

Hallo:

Konstruktion mit Zirkel und Lineal bedeutet ja,
dass aus gegebenen Punkten neue Punkte durch
Schneiden von Geraden oder Kreisen mit Geraden oder Kreisen konstruiert werden. Das bedeutet,
dass zum vorhandenen Koordinatenkoerper hoechstens
Quadratwurzeln adjungiert werden.

Die Gleichung der 7.Einheitswurzeln <> 1 lautet

z^6+z^5+...+z+1 = 0.

Man substituiert w:=z+1/z=2*Re(z)=2*cos(2*Pi/7)
und erhaelt die angegebene Gleichung.

mfg

Hans

Beitrag verfassen
Das Senden ist in diesem Themengebiet nicht unterstützt. Kontaktieren Sie den Diskussions-Moderator für weitere Informationen.

ad

Administration Administration Abmelden Abmelden   Previous Page Previous Page Next Page Next Page