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Sandy
| Veröffentlicht am Donnerstag, den 21. Dezember, 2000 - 22:25: |
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Hallo, Ich hätte da mal ne Aufgabe und wäre fur eine Lösung sehr dankbar: 213/313 ; 3,15 ; 1/4 + 1/9 + 1/25 in Kettenbruchdarstellung. Wurzel von 3 und Wurzel von 10, sowie Pi als 4-stelligen Kettenbruch. [1,10,100,10,1] als normalen Bruch. Wünsche noch allen schone Feiertage. |
Kai
| Veröffentlicht am Freitag, den 22. Dezember, 2000 - 22:58: |
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Ok, ihr hattet doch sicher einen Algorithmus, wie man einen Kettenbruch bestimmt. Kannst Du den angeben? Kai |
H.R.Moser,megamath.
| Veröffentlicht am Sonntag, den 24. Dezember, 2000 - 10:58: |
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Hi Sandy , Hi allerseits , Als ein Weihnachtspräsent möchte ich den geneigten Leserinnen und Lesern dieses Boards einen Exkurs über Kettenbrüche überreichen. Dieses Themengebiet ist eine heutzutage beinahe in Vergessenheit geratene Disziplin, deren Wurzeln weit in die Vergangenheit zurückreichen. Eine Rolle spielen sie aber heute noch bei gewissen Problemen der Zahlentheorie. Ein Bruch der Form x = b + [a1 / { [ b1 + a2 / [ b2 + a3 / [ b3........... ........................................+ a(n-1) / [b(n-1)+ an / bn]...]]] heisst Kettenbruch Nomenklatur: Die Terme b + a1 / b1 , b1 + a2 / b2 heissen die Teilbrüche, a1, a2, a3 .....sind die Teilzähler , b1, b2 ,b3 .. .sind die Teilnenner. b + a1/ b1 ist der erste Näherungswert b + a1 / [b1 + a2 / b2 ] der zweite usw. Meistens werden regelmässige Kettenbrüche untersucht, bei welchen alle ai eins sind, b ganz rational und alle bj positiv ganz Zur Abkürzung verwendet man für einen Kettenbruch die Schreibweise: [ b , b1 , b2 ,. b3 ,....] Auch Maple V verwendet diese Notation Der Aufruf lautet fur das erste Beispiel von Sandy: convert (213 /313,confrac); Ausgabe: [0 , 1 , 2 , 7 , 1 , 2 , 4] .Was dies bedeutet, ist nun klar. Da es sich um einen regelmässigen Kettenbruch handelt, sind alle a-Werte eins zu setzen. (wir kommen auf das Beispiel zurück. Jede reelle Zahl lässt sich durch einen regelmässigen Kettenbruch darstellen. Die Kettenbruchentwicklunng einer reellen Zahl x bricht genau dann ab, wenn x rational ist. Um die Kettenbruchentwicklung zu ermitteln, verwenden wir mit Vorteil den Euklidischen Algorithmus, welcher bezeichnenderweise auch Kettendivision genannt wird. Irrationalzahlen haben eine nicht abbrechende Kettenbruchentwicklung. Von ganz besonderem Interesse und grosser Bedeutung sind die Kettenbruchentwicklunngen irrationaler Quadratwurzeln. (solche Darstellungen sind ja auch in der gestellten Aufgabe verlangt). Bei dieser Gelegenheit kommen wir auch auf die Pellschen Gleichungen zu sprechen.. Vorerst noch etwas Theorie Um die verschiedenen aufeinander folgenden Näherungswerte festzustellen, benützen wir eine Rekursionsformel für den k.-ten Näherungswert zk / nk mit einfachem Zähler und einfachem Nenner. Es gilt: z0/n0 = b / 1........................................................................(1a) z1/n1 = { b*b1 + a1 )} / b1.................................................(1b) zk / nk= { bk * z(k-1) + ak * z(k-2) } / { bk * n(k-1) + ak * n(k-2) } , k > = 2 .......(1c) N.B In den runden Klammern stecken Indizes ! °°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°° Nun lösen wir die ersten Aufgaben 1) gesucht: Kettenbruchentwicklung von x = 213/313 Euklidischer Algorithmus: 313 = 1 * 213 + 100 213 = 2 * 100 + 13 100 = 7 * 13 + 9 13 = 1 * 9 + 4 9 = 2 * 4 + 1 4 = 4 * 1 Die ersten Faktoren nach dem Gleichheitszeichen sind nun gerade die gesuchten b-Werte der Kettenbruchentwicklung Wenn wir noch b = 0 hinzufügen, erhalten wir das schon mit Maple V erhaltene Ergebnis: [0,1,2,7,1,2,4]. Die Näherungswerte sind der Reihe tabellarisch zu gewinnen : ...... 1............2............7..............1.......... ..2................4 0/1 1/1........ 2/3.........15/22.......17/25.... 49/72.........213/313 = x Man erhält z.B. den Näherungswert 49 / 72 aus den beiden vorhergehenden Brüchen so: Zähler 49 = 2 * 17 + 15 ( erster Faktor 2: b-Wert oberhalb 49/72) Nenner 72 = 2 *25 + 22 (erster Faktor 2 wie oben) 2) x = 3.15 = 3 + 3 / 20 Euklidischer Algorithmus 20 = 6*3 + 2 3 = 1*2 + 1 2 = 2*1 b-Werte mit b = 3 zusätzlich: [3,6,1,2]; dasselbe liefert auch Maple mit dem convert-Programm Näherungswerte: ....................3........................6..........................1........................2.. 1/0 .............3/1.....................19/6....................22/7...................63/20 3) x = Pi -3 (nur Nachkommastellen von Pi) x ~ 0.14159 = 14'159 / 100'000 Euklidischer Algorithmus: 100'000 = 7 * 14'159 + 887 14'159 = 15 * 887 + 854 887 = 1 * 854 + 33 854 = 25 * 33 + 29 33 = 1 * 29 + 4 29 = 7 * 4 + 1 4 = 4 * 1 Wir erhalten die b-Werte: [7,15,1,25,1,7,4] Das convert-Programm von Maple V gibt dasselbe Resultat ! Die Näherungswerte lauten ....................7.........15...........1..............25............1..................7..................4 1/0...0/1.....1/7.....15/106....16/113... 415/2931....431/3044.....3432/24239 usw. Exemplum: 415/2931 liefert 0.1415899 (!). Anmerkung Man kann zeigen, dass der Fehler, den man begeht, indem man statt eines Kettenbruches seinen Näherungswert nimmt, kleiner ist als der Reziprokwert des Quadrates des Nenners dieses Näherungsbruches Es gibt keinen Bruch ,der dem Wert des Kettenbruches näher kommt, als einer der Näherungswerte und dabei mit kleineren Zahlen geschrieben werden könnte ! In einer Fortsetzung berichten wir über die Kettenbruchetwicklung von Quadratwurzeln. Bis dann ! Mit freundlichen Grüssen H.R.Moser,megamath. |
Sandy
| Veröffentlicht am Sonntag, den 24. Dezember, 2000 - 20:02: |
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Vielen lieben Dank und schöne Feiertage |
H.R.Moser,megamath.
| Veröffentlicht am Montag, den 25. Dezember, 2000 - 17:21: |
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Hi Sandy, Für die Kettenbruchentwicklung von Quadratwurzeln möchte ich von Deinen Vorgaben abweichende numerische Beispiele wählen, damit Dir auch noch etwas zu tun übrig bleibt ! Hier wenigstens die Resultate: Für wurzel(3) kommt:[1,1,2,1,2,1,2,1,2....ad infinitum ] Für wurzel(1) kommt:[3,6,6,6,6,6,6..........ad infinitum ] Zum Darstellungsmodus:siehe im ersten Teil nach. Neues Beispiel x = Wurzel(59) ist in einen Kettenbruch zu entwickeln. Lösung: Wir nehmen die grösste ganze Zahl, die kleiner als x ist, also q = 7 und schreiben: x = wurzel(59) = 7 + 1 / x1 ,daraus x1 = 1 / [wurzel(59) - 7], erweitert mit [wurzel(59) + 7] ergibt: x1 = [wurzel(59)+7] / 10 , hierin ist q1 = 1 die grösste ganze Zahl kleiner als x1 mit einer analogen Ueberlegung wie vorhin setzen wir an: x =wurzel(59) = 1 + 1 / x2 , und es ist x2= [wurzel(59) +3] / 5 mit q2 = 2 als grösste ganze Zahl < x2 Weiter x =wurzel(59) = 2 + 1 /x3 , daraus x3 = [wurzel(59)+7] / 2 mit q3=7 als grösste ganze Zahl kleiner als x3 u.s.w Zusammenstellung der nötigen Rechenschritte: wurzel(59) ................................................................................. q = 7 x1 = 1 / [wurzel(59)-7] = [wurzel(59)+7] /10........................ q1 = 1 x2 = 10 / [wurzel59 -3] = [wurzel(59+3 ] / 5...........................q2 = 2 x3 = 5 / [wurzel(59)-7] = [wurzel(59)+7] / 2...........................q3 = 7 x4 = 2/ [wurzel(59)-7] = [wurzel(59) +7 / 5.......................... q4 = 2 x5 = 5/ [wurzel(59)-3] = [ wurzel(59)+3] /10.........................q5 = 1 x6 = 10 / [wurzel(59) -7] = [wurzel(59) +7] / 1..........................q6 = 14. x7 = 1 / [wurzel(59) - 7] = x1 (!!!) Beschreibung des Algorithmus zur Ermittlung der Werte qi der i-ten Zeile. Diese stellen - wie erwähnt - stets die grösste ganze Zahl dar, welche kleiner als xi ist Schreiben wir in der i-ten Zeile rechts für xi = [wurzel(59) +ui] / vi , so erhalten wir am Anfang der nächsten Zeile x(i+1) = vi / [wurzel(59) + ui - qi * vi]..... z.B.entsteht die zweitletzte Zeile aus der drittletzten so: u6 =u5 - q5*v5 = 3 - 1* 10 = -7,also: 10 / [wurzel(59) - 7] =... Anmerkung 1 Ein Kettenbruch ,der aus der Entwicklung einer Quadratwurzel aus einer positiven ganzen Zahl entsteht, ist periodisch. Im vorliegenden Beispiel ist die Periode sechsgliedrig ; wir setzen n = 6 und notieren die sechs q-Werte (analog zu den b-Werten im letzten Abschnitt in eckige Klammern: [1,2,7,2,1,14] Mit diesen n Werten berechnen wir die n Näherungswerte wie früher. Wir erhaltender Reihe nach : 7 / 1 , 8 /1, 23 / 3 , 169 / 22, 361 / 47, 530 / 69. Anmerkung 2 Eine (diophantische) Gleichung der Gestalt x ^ 2 - wurzel(D) * y ^ 2 = 1 , in welche D eine gegebene positive ganze Zahl, aber keine Quadratzahl ist und die Unbekannten x ,y ganzzahlig sein müssen, heisst PELLSCHE Gleichung. Man kann solche Gleichung dadurch lösen, dass man wurzel(D) in einen Kettenbruch entwickelt. Wir wählen als Beispiel D = 59,da wir die Kettenbruchentwicklung von wurzel(59) ja kennen Eine der unendlich vielen Lösungen ergibt sich dadurch, dass wir für x den Zähler und für y den Nenner des letzten Näherungsbruches wählen Man führe die Probe mit x = 530 , y = 69 durch; alles o.k.! Der bekannte französische Mathematiker Legendre hat 1830 ein Tafelwerk angelegt für D-Werte bis 1oo3, in denen man zugehörige x- und y-Werte findet. Heutzutage beherrscht man die Pellsche Gleichung in einem wesentlich weiteren Rahmen. Wir wollen hier aber nicht näher auf diese Fragen eingehen. und nur als appetizers einige weitere Beispiele anführen (1) x^2 - 28 y^2 = 1 hat die Grundlösung x = 127 , y = 24, aber auch x = 32 257 , y = 6096 sind Lösungen. (2) x^2 - 2 y^2 = 1 hat die Lösungen x1 = 3 ,y1 = 2 ; x2 = 17, y2 = 12 ; x3 = 99 , y3 = 70, x4 = 577, y4 = 408 u.s.w. Die Kettenbruchentwicklung von wurzel(2) ergibt die Näherungswerte für wurzel(2) 1/1;3/2;7/5;17/12;41/29;99/70;239/169,..... worin man unschwer Fibonacci erkennt. Das muss vorerst genügen! Schöne Festtage an alle ! Mit freundlichen Grüssen H.R.Moser,megamath. |
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