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Anonym
| Veröffentlicht am Samstag, den 08. April, 2000 - 09:45: |
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Hallo zusammen, gestern fand ich diese Aufgabe: "Zeigen Sie, dass der Graph der Funktion f(x)=(-x+1)/(x+1) achsensymmetrisch zur Winkelhalbierenden des 1. und 3. Quadranten (also g(x)=x) verläuft." Ich habe bereits mir einige Lösungsansätze parat gelegt, allerdings sind diese (noch) zu kompliziert, wäre schön wenn Ihr mir ein paar (bessere) Lösungen mitteilt. Vielen Dank im Voraus! |
Zaph
| Veröffentlicht am Samstag, den 08. April, 2000 - 12:42: |
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Der Spiegelpunkt eines Punktes (a,b) an der Winkelhalbierenden lautet (b,a). Du musst also zeigen: Beh.: Ist (a,b) ein Punkt des Funktionsgraphen, so auch (b,a). Oder umformuliert: Beh.': Für alle a,b gilt: f(a)=b => f(b)=a. Oder umformuliert: Beh.": Für jedes a gilt f((-a+1)/(a+1)) = a. Letzteres kannst du ganz einfach durch Einsetzen bestätigen. |
H.R.Moser,megamath.
| Veröffentlicht am Samstag, den 08. April, 2000 - 13:13: |
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Hi Anonymus, Ich präsentiere Dir zwei verschiedene Lösungen Deiner Aufgabe, die nicht allzu kompliziert sind 1.Methode: Grundlage: Wie spiegelt man einen Punkt an der Geraden y = x ? Ein Punkt P(a/b) wird dadurch an der Geraden s mit der Gleichung y = x gespiegelt, indem man seine Koordinaten vertauscht .Q(b/a) ist bezüglich der Geraden s normalsymmetrisch. (Prüfe das an einigen Beispielen nach) Die gegebene Kurve in der sogenannten expliziten Darstellung (nach y aufgelöst) kann durch Wegschaffen des Bruches -wie man sagt- implizit geschrieben werden, nämlich so :x y + x + y - 1 = 0. Bei dieser Schreibweise sieht man sehr schön was passiert, wenn man an s spiegelt, d. h . wenn man x mit y vertauscht und umgekehrt: es passiert gar nichts, weil der Ausdruck bei diesem Verfahren in sich selbst übergeht. Als Bildkurve entsteht dieselbe Kurve nochmals. Sprechweise: der Funktionsterm ist gegenüber der genannten Transformation invariant. 2,Methode: Grundlage: Die Winkelhalbierenden der Asymptoten einer Hyperbel sind die Achsen der Hyperbel. Die Hyperbel ist bezüglich einer ihrer Achsen normalsymmetrisch. Die gegebene Kurve ist eine Hyperbel : Die Gleichung ist in x und y von zweitem Grad ( siehe das Glied xy in der impliziten Form ) Ferner hat die Kurve genau zwei Asymptoten. (1) der Pol bei x = -1 besagt: die Parallele x = -1 zur y-Achse ist eine vertikale Asymptote. (2) Da y für x gegen unendlich den Grenzwert -1 hat, ist die Parallele y = -1 zur x-Achse ein zweite Asymptote. Da die Asymptoten aufeinander senkrecht stehen, liegt übrigens eine sogenannte Normalhyperbel vor. Der Schnittpunkt M(-1/-1) der Asymptoten ist der Mittelpunkt der Hyperbel. Die Gerade y = x ist die eine Winkelhalbierende der Asymptoten und damit Achse der Hyperbel, also Symmetrieachse, wzbw. Eine nettes Problem ist damit auf eine entsprechende Art gelöst ! Mit freundlichen Grüssen H.R. |
Anonym
| Veröffentlicht am Samstag, den 08. April, 2000 - 20:56: |
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Hallo Zaph, H.R. Moser, vielen Dank für die Lösung, darauf wäre ich so nicht gekommen. Ich hatte zwar schon mit Transformationen herumexperiementiert, allerdings ist mir der entscheidenen Hinweis nicht selbst zu teil geworden. Jetzt ist es ganz klar. Wieder mal etwas dazugelernt! Ciao! |
H.R.Moser,megamath.
| Veröffentlicht am Samstag, den 08. April, 2000 - 21:27: |
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Hi Anonymus, Mir ist soeben noch eine dritte Methode zur Lösung Deiner Aufgabe eingefallen. Sie könnte unter das Motto "Suche nach der Mitte" gestellt werden Der Grundgedanke ist der folgende: Wir schneiden die gegebene Kurve mit der Schar von Geraden , die alle zur Geraden s mit der Gleichung y = x ,der potentiellen Spiegelungsachse, senkrecht sind Es gibt je zwei (reelle oder komplexe ) Schnittpunkte .S1 , S2. Wir zeigen, dass alle Mittelpunkte M der Strecken S1 S2 auf der Geraden y = x liegen Mit diesem Nachweis ist gleichzeitig der Beweis erbracht, dass s eine Symmetrieachse der gegebenen Kurve ist. Ausführung dieser Idee: Gleichung der Schar der zu s senkrechten Geraden mit c als Scharparameter: y = - x + c (eine einzelne solche Gerade heisse nc) Schnitt mit der gegebenen Kurve (Gleichsetzung der y-Werte): - x + c = ( - x +1 ) / ( x + 1 ) , daraus folgt für die x-Werte der Schnittpunkte die quadratische Gleichung : x ^ 2 - c x + 1 - c = 0 ; die x -Koordinate des Mittelpunktes erhalten wir als arithmetisches Mittel der x -Werte der Punkte S1 und S2 , also xM = (x1 + x2 ) / 2 ( analoges gilt für die y-Werte: yM = y1+ y2) Die quadratische Gleichung von soeben brauchen wir nicht aufzulösen, sondern wir erhalten die Summe der Lösungen sofort mit Hilfe des Satzes von Vieta: x1 + x2 = - (-c) , also xM = c / 2 . Da M auf nc liegt, folgt daraus sofort yM = - xM + c = c / 2. Wegen yM = xM gilt : M liegt für alle c auf s, quod erat demonstrandum ! Nochmals Grüsse von H.R.,megamath. |
H.R.Moser,megamath.
| Veröffentlicht am Sonntag, den 09. April, 2000 - 13:11: |
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Hi Anonyme, Mein Board zum Sonntag sei Deiner Aufgabe gewidmet. Da Du an Transformationen Gefallen gefunden hast, wollen wir diese Methode noch auf eine andere Art einsetzen. Sei wiederum s die Gerade y = x und k die Kurve mit der Funktionsgleichung y = ( - x + 1 ) / ( x + 1 ) . Wir transfomieren die Variablen so : x = x' - 1 , y = y ' -1 ; Bedeutung: Parallelverschiebung des Koordinatensystems mit neuem Nullpunkt O' = M ( - 1 / - 1 ) Neue Gleichung von s : y' - 1 = x' - 1 , also y' = x' , Neue Gleichung von k : y' - 1 = ( - x' + 1 + 1 ) / ( x' - 1 + 1 ) , somit y' -1 = ( - x' + 2 ) / x ' = - 1 + 2 / x' , also y' = 2 / x ' . Es folgt noch eine neue Metamorphose mittels der Transformation: x ' = r cos w , y ' = r sin w., d.h. wir führen ein Polarkoordinatensystem mit O' als Pol und der +x' -Achse als Polarachse ein, r ist der Radiusvektor und w der Phasenwinkel. Für s erhalten wir die Polarkoordinatendarstellung r sin w = r cos w , d.h. w = Pi / 4 ( bezw. w = 5 Pi / 4 ) oder volkstümlicher ("vox populi" !) : w = 45° ( bezw. w = 225 ° ) Spannend wird es nun , wenn wir auch k in der Polarkoordinatendarstellung anschreiben; es kommt : r sin w = 2 / (r cos w) oder r ^ 2 = 2 / (sin w * cos w ) Mit der Doppelwinkelformel für den sinus entsteht daraus einfacher: R^2 = 4 / sin 2w. Aus der Polarkoordinatengleichung für die Kurve k schliessen wir sofort ,dass diese Kurve bezüglich s normalsymmetrisch ist, Wenn wir nämlich den Polarwinkel w = 45° - u durch 45 ° + u mit beliebigem Winkel u ersetzen, bleibt r^2 invariant , dasselbe gilt sinngemäss für die Substitutionen w = 225° - u und w = 225 + u. Schlusswort : Die früheren Lösungen Deines Problems waren sicher verständlicher; diese letze Methode ist eher für Insider bestimmt. Es ging einfach darum, die Zitrone so nachhaltig (!) wie möglich auszupressen. Von jetzt an lassen wir dieses Thema ruhen Mit freundlichen Grüssen H.R. , megamath. |
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