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mira (mira13)
Junior Mitglied Benutzername: mira13
Nummer des Beitrags: 6 Registriert: 01-2003
| Veröffentlicht am Montag, den 06. Januar, 2003 - 10:23: |
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Hallo, wieder sitze ich bei Kegelschnitten, diesmal bei ausgearteten, und weiß nicht so recht, wie ich folgende Aufgabe angehen soll: Die Gleichung zweiten Grades 3 x ^ 2 - 3 y ^ 2 – wurzel(2) * x + 3 wurzel(2) * y – 4/3 = 0 ist die Gleichung eines ausgearteten Kegelschnitts. Man gebe seine geometrischen Daten an. Herzlichen Dank im Voraus für Eure Hilfe! Mira
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H.R.Moser,megamath (megamath)
Senior Mitglied Benutzername: megamath
Nummer des Beitrags: 1925 Registriert: 07-2002
| Veröffentlicht am Montag, den 06. Januar, 2003 - 16:52: |
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Hi Mira, Du bist unermüdlich im Umgang mit Kegelschnitten! Es freut mich, wenn ich Dir diese etwas näher bringen kann. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine ausgeartete Hyperbel, die auf ihre Asymptoten reduziert ist, wie die folgende Untersuchung zeigt. Vergleicht man die gegebene Gleichung mit der allgemeinen Gleichung zweiten Grades in x , y, d.h. mit A x^2 + 2 B x y + C y^2 + 2 D x + 2 E y + F = 0, so ist A = 3 , B = 0 , C = - 3 , D = - wurzel(2) / 2 , E = 3 wurzel (2) / 2 , F = - 4 / 3 Wir berechnen die maßgeblichen Determinanten: delta = A C – B ^2 und bekommen dafür den Wert delta = - 9 und die dreireihige Determinante DELTA, bei der in der ersten Zeile die Elemente A , B , D in der zweiten Zeile die Elemente B, C, E und in der dritten die Elemente D, E, F stehen. Der Wert dieser Determinante ist null. Beurteilung: Wegen delta < 0 liegt eine Hyperbel vor, wegen DELTA = 0 ist diese Hyperbel ausgeartet. Es liegt nach der Theorie ein reelles Geradenpaar mit verschiedenen Richtungen vor. Wir wollen mit einer bekannten Formel (zum ersten) die Steigungen m1 und m2 dieser Asymptoten berechnen: Wir entnehmen diese m-Werte der quadratischen Gleichung C m ^2 + 2 B m + A = 0 ; im vorliegenden Fall: - 3 m ^2 * 3 = 0; die Lösungen sind m1 = 1 , m2 = - 1 Wir berechnen noch den Mittelpunkt M der Hyperbel Man erhält ihn bekanntlich („bekanntlich“ zum zweiten) als Schnittpunkt der Geraden A x + B y + D = 0 und B x + C y + E = 0 , also in unserem Fall: 3 x - wurzel(2) / 2 = 0, also x = xM = 1/6 * wurzel (2) - 3 y + 3 * wurzel(2)/2 , also y = yM = ½ * wurzel (2) Die erste Gerade g1 geht durch M und hat die Steigung 1 Gleichung von g1: y - ½ * wurzel (2) = x -1/6 * wurze l(2) oder: y = x + 1/3 wurzel (2) ***************** Die zweite Gerade g2 geht durch M und hat die Steigung -1 Gleichung von g2: y - ½ * wurzel (2) = - x + 1/6 * wurze l(2) oder: y = - x + 2/3 wurzel (2) ****************** Will man auf den Formelkram verzichten, so sind ein paar Akrobatikstücke aus der Algebra nötig: Rechnerischer Nachweis: Die linke Seite der Kegelschnittgleichung lässt sich in Faktoren zerlegen; als Zwischenschritt dient die folgende Darstellung der mit 3 dividierten Gleichung : [x – 1/6 wurzel (2)] ^2 – [y – ½ wurzel(2)] ^ 2 = 0 ; daraus entsteht mit der Formel U^2 – V^2 = (U + V)*(U - V) eine Produktdarstellung der linken Seite. Jeder Faktor null gesetzt, lässt eine Geradengleichung entstehen. Kurzum: Die Geradengleichungen sind: 6 x - wurzel(2) = {plus;minus}* [6 y – 3* wurrzel(2)] oder entwirrt: y = x + 1 / 3 wurzel(2) y = – x + 2 / 3 wurzel(2) wie weiter oben . Anmerkung zum ersten Abschnitt bezüglich der Faktorzerlegung mittels quadratischer Ergänzung; wir schreiben zunächst: x ^ 2 - 2 * wurzel(2) / 6 * x - [y ^ 2 - 2 * wurzel(2) / 2 * y ] = 4 / 9 und addieren mit dem richtigen Vorzeichen die Ergänzungen zum Quadrat links und rechts, einerseits { wurzel(2) / 6 } ^ 2 = 1 / 18 plus andrerseits { wurzel(2) / 2 } ^2 = 1/2 minus, weil vor der zweiten eckigen Klammer minus steht; links erscheint dann die schöne Differenz zweier Quadrate rechts erscheint liebenswürdigerweise die NULL. rechne nach: 4/9 steht schon da + 1 / 18 - 1 / 2 ergibt null, das schönste Ergebnis seit der Erfindung der Null ! Mit freundlichen Grüssen H.R.Moser,megamath
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mira (mira13)
Junior Mitglied Benutzername: mira13
Nummer des Beitrags: 7 Registriert: 01-2003
| Veröffentlicht am Montag, den 06. Januar, 2003 - 18:38: |
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Danke megamath, liebenswürdigerweise hast Du mir wieder sehr geholfen! Dass ich teilweise Formeln anwenden muss, deren Beweis ich nicht kenne – gut, das muss ich hinnehmen. Aber nun zur Akrobatik: So von Dir vorgeführt, kann ich sie auch nachturnen: Sie ist ganz schön trickreich! Was ich aber nicht verstehen kann, ist folgendes: Ich nehme also die Gleichung des ausgearteten KS, stelle vorher fest, dass es sich um eine – wenn auch ausgeartete -Hyperbel handelt, forme so lange kunstvoll um, bis ich zwei lineare Gleichungen, also Geraden, erhalte. Wieso weiß ich nun, dass diese die Asymptoten der Hyperbel sind? Liebe Grüße mira
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H.R.Moser,megamath (megamath)
Senior Mitglied Benutzername: megamath
Nummer des Beitrags: 1926 Registriert: 07-2002
| Veröffentlicht am Montag, den 06. Januar, 2003 - 20:24: |
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Hi Mira, Deine geschickte Frage versuche ich entsprechend zu beantworten! Wir nehmen an, Du schneidest einen Rotationskegel, der in der Gestalt eines Doppelkegels vor Dir steht so, dass die Schnittkurve eine ausgewachsene Hyperbel ist .Das erreichst Du dadurch, dass die Schnittebene mit der Kegelachse einen Winkel bildet, der kleiner als der halbe Oeffnungswinkel des Kegels ist. Dadurch werden beide Teile des Kegels von der Schnittebene getroffen, und die beiden Aeste der Hyperbel liegen je auf einem Teil der Kegelfläche. Es gibt nun genau zwei Mantellinien m und n des Kegels, welche zur Schnittebene E parallel sind. Diese Mantellinien bekommst Du faktisch dadurch, dass Du eine Parallelebene E* zu E durch die Kegelspitze S legst, welche diese Mantellinien aus dem Kegel herausschneidet. Die Geraden m und n schneiden die Eben E, da sie zu ihr parallel sind, in den unendlich fernen Punkten M* und N*. Die Richtungen, die von irgend einem Punkt P nach M* oder N* zielen, ergeben die Richtungen der Asymptoten der Hyperbel an. Sei M der Mittelpunkt der Hyperbel. (wir befinden uns gedanklich wieder in der Schnittebene E). Dann sind die zu m und n parallelen Geraden m° und n° durch M nichts anderes als die Asymptoten der Hyperbel. All dies kann anschaulich nachvollzogen werden anhand eines Abbildungsverfahrens namens zentrische Kollineation , das in der Darstellenden Geometrie gelehrt und gelernt wird. Nun bringen wir Bewegung in die Angelegenheit und lassen eine geeignete Animation zum Zuge kommen. Wir verschieben E – ganz langsam. - parallel, bis E die Endlage E* erreicht hat. In jeder Lage erzeugt diese parallel verschobene Schnittebene einen hyperbolischen Schnitt; für alle diese Hyperbeln ist die Asymptotenrichtung dieselbe.. Sie wird nach wie vor durch die Mantellinien m und n charakterisiert. Es leuchtet nun ein, dass das Parallelgeradenpaar , das wir im letzten Beitrag analysiert haben, als Asymptotenpaar angesprochen werden darf. Die Schnittebene E wurde a priori durch die Kegelspitze S gelegt und ist somit identisch mit der Ebene E*., welche die Schnittmantellinien m und n erzeugt Diese Mantellinien ,alias Asymptoten, stellen den entarteten Kegelschnitt dar. So einfach und wunderbar ist das, ein miraculum (lat.Wunder) im wahrsten Sinn des Wortes. Mit freundlichen Grüßen H.R:Moser,megamath
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mira (mira13)
Junior Mitglied Benutzername: mira13
Nummer des Beitrags: 8 Registriert: 01-2003
| Veröffentlicht am Montag, den 06. Januar, 2003 - 21:13: |
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megamath, ich danke Dir sehr für Deine ausführliche Antwort! So ganz habe ich sie noch nicht durchschaut, aber sie wird meine Gutenachtgeschichte werden! Ich wünsche Dir einen schönen Abend mira
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